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Das Schaaf mit dem Fettschwanze

Beschreibungstext


Das Schaaf ist unter allen Thieren das nützlichste, und scheint von der Natur ganz allein zum Besten des Menschen geschaffen zu seyn. Sein Fleisch, seine Wolle, Haut, Därme, Knochen, Milch, sein Talg und Mist sind höchst nützlich und brauchbar, und eben darum steht es auch unter den Hausthieren oben an. Das gemeine Schaaf unsrer Heerden ist in der ganzen Natur nicht wild vorhanden. Es stammt zwar ursprünglich wohl von dem Argali, oder wilden Schaafe ab; allein da es schon seit Jahrtausenden unter dem Schutze und der Pflege des Menschen steht, der es in alle Länder der Welt, in kalte und heisse verpflanzt, und ihnen darinnen höchst verschiedenes Futter angewiesen hat: so haben eben Klima und Nahrung bey dem Schaafe so erstaunliche Veränderungen bewirkt, dass man jetzt wenigstens 6 ganz verschiedene Haupt-Racen von Schaafen annehmen kann, die ich auf dieser und der folgenden Tafel zusammenstellen will.
Fig. 1. Der Argali. (Ovis Ammon.)
Der Argali, oder das wilde Schaaf, den man für den Stammvater aller zahmen Schaaf-Racen hält, lebt wild, in kleinen Heerden, in Sibirien, in der Barbarey, in Griechenland, Sardinien und Corsica; hat fast die Grösse eines kleinen Hirsches, und sieht rothbraun, am Halse und Bauche aber weissgrau aus. Im Sommer hat er kurzes Hirschhaar, welches aber im Winter länger und wolliger wird. Er hat grosse, geringelte und abwärts gebogene Hörner, die wohl 20 bis 30 Pfund wägen. Er ist äusserst schnell, und setzt mit erstaunlichen Sprüngen über die gefährlichsten Klippen und Abgründe hinweg, wird aber geschossen und für ein sehr gutes Wildpret gehalten. Er stösst, und ist so stark, dass viele Leute ein solches Thier nicht halten können, wird aber, jung eingefangen, doch leicht zahm und ein Hausthier. Aus seiner Haut wird Corduan bereitet, und aus seinen Hörnern machen sich die Kamtschadalen Trinkhörner, Löffel, Büchsen etc.
Fig. 2. Das nordische Schaaf. (Ovis polycerata.)
Das Nordische Schaaf, als die erste Haupt-Race der Schaafe, welches man in Issland, Norwegen, Gothland, Finnland u.s.w. findet, hat grobe, spröde dunkelbraune Wolle. Merkwürdig bey dieser Art Schaafe ist, dass sie alle mehr als 2 Hörner, nemlich 3, 4 bis 5 dergl. haben. Die meisten haben 3 Hörner, davon zwey rund und abwärts gebogen liegen, das dritte aber gerade aus vorwärts in der Mitte steht.
Das gemeine Schaaf. (Ovis Aries.) Fig. 3. Der Widder. Fig. 4. Das Schaaf.
Unser gemeines Europäisches Schaaf, dessen Heerden den Reichthum so mancher Länder ausmachen, wird höchstens 14 Jahre alt, hat meistens weisse Wolle, liebt trockne und kräuterreiche, bergigte Weiden zu seiner Nahrung, und ist unter allen Säuge-Thieren vielleicht das einfältigste und wehrloseste. Der Widder hat gewöhnlich 2 mondförmige abwärts gebogene Hörner, das Schaaf aber keine. Es liebt Salz sehr, trinkt wenig, und kann daher nicht viele Nässe vertragen. Wenig andere Thiere sind so vielen Krankheiten unterworfen, als das Schaaf.
Fig. 5. 6. 7. Das Schaaf mit dem Fettschwanze. (Ovis laticaudata.)
Das fettschwänzige oder Arabische Schaaf lebt in Arabien, Persien, Syrien und Aegypten, und ist das grösste und ungestalteste von allem Wollenvieh. Es hat grosse, hängende Ohren, und 2 krummgebogene (Fig. 5. u. 7.) oft aber auch 3, 4 bis 5 unregelmässig stehende Hörner, wie Fig. 6. zeigt. Der kurze Schwanz, welcher kaum sichtbar ist, besteht eigentlich aus 2 dicken, ganz nackten Fettklumpen (Fig. 7.) wird oft bis 40 Pfund schwer, und giebt 20 bis 30 Pf. Talg. Es giebt dergleichen Schaafe von verschiednen Farben, weisse, schwarze und braune. In Persien und Tibet trägt diese Race die kostbarste seidenartige Wolle, woraus die feinsten Schaals und wollene Zeuge gemacht werden. Von dieser Schaaf Race in de Bucharey, sonderlich von ihren Lämmern, kommt das feine, graue, kleingelockte Pelzwerk, so man unter dem Nahmen Baranjen kennt.


Metadaten

Abbildungstitel: Das Schaaf mit dem Fettschwanze
Tafeltitel: Schaafe verschiedener Art
Abbildung gehoertzu Tafel: Ad00341 02 029a
Band: 2
Heft: 26
Bildeigenschaften: Kupferstich, schwarze Druckfarbe, koloriert, 72 x 165 mm
http://www.bbf.dipf.de/cgi-opac/bil.pl?t direct=x&f IDN=b0086469berl
Schlagwörter: Schaf, Ovis laticaudata, Fettschwanzschaf, Zoologie, Tierart
Stecher/in: Waitz, Johann Christian Wilhelm
Signatur Illustrator/in: W. W...tz f.
BBF ID: b0086469berl
weitere Abbildungsversionen: Ad07761 02 028e, Ad99998 02 028e, Ad99999 02 028e