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Die über Water-Street gebaute Brücke

Beschreibungstext


In den letztern Jahren sind zur Erleichterung des Transports in England mehrere Eisenbahnen angelegt worden, aber alle werden von derjenigen zwischen Manchester und Liverpool weit übertroffen.
Liverpool liegt auf dem rechten Ufer des Mersey, an der Mündung dieses Flusses in's Ireländische Meer, und ist bekanntlich nach London die reichste und bevölkertste Handels- und Havenstadt, sie zählt gegen 180,000 Einwohner. Vier und dreissig Englische Meilen (deren 5 auf eine Deutsche gehen) von Liverpool entfernt liegt Manchester, eine der grössten Fabrikstädte, in welcher allein mehr als 30,000 Webstühle im Gange sind. Diese beiden Städte nun sind durch eine über 6 Deutsche Meilen lange Eisenbahn, auf welcher sich Dampfwagen bewegen, trotz der grossen Schwierigkeiten des dazwischen liegenden Terrains mit einander verbunden worden. Das Geld dazu ist durch Actien aufgebacht worden. Nachdem das Parlament zur Unternehmung seine Einwilligung gegeben hatte, begann die Ausführung im Juli 1826 unter Stephenson's Leitung, und den 15ten Septbr. 1830 wurde die Eisenbahn eröffnet.
Die Eisenbahn beginnt in der Nähe des Haven-Bassins von dem Abfahrspuncte Wapping aus. Ueber einem Durchstriche, welcher 4 Gleise enthält und 22 Fuss Tiefe, 46 Fuss Breite und 100 Fuss Länge hat, sind die Waarenmagazine der Gesellschaft angebracht. Gusseiserne Säulen, welche zwischen den Gleisen sich erheben, tragen die Balken der Magazinböden, in welchen Fallthüren angebracht sind, um die Wagen bequem befrachten und abladen zu können.
Sobald man unter den Magazinen hervorkommt, sieht man einen unbedeckten Raum, welcher auf beiden Seiten durch eine Mauer begränzt ist. Im linken Winkel befinden sich die Bureaus, hart am Eingange in eine düstere Höhle, welche der Anfang des grossen Tunnels oder des unterirdischen Durchstiches ist. Er wird durch ein grosses, mit Eisen beschlagenes Thor verschlossen. Etwa 800 Schritte weit hat man bis zum Anfange der geneigten Ebene, welche vollkommen geradlinigist und bis an das 5,940 Fuss entfernte andere Ende des Tunnels bei Edge-Hill sich gleichförmig, auf jede drei Fuss 3/4 Zoll erhebt. Die ganze Länge an Wapping bis zur Oeffnung des Tunnels von Edge-Hill beträgt eine gute halbe Stunde, und der Tunnel steigt so, dass die obere Oeffnung 123 Fuss höher ist, als der untere Eingang.
Der Boden des Tunnels ist mit festgestampftem trocknen Sande bedeckt, die Wände sind geweisst, die Luft circulirt frei, die Temperatur ist angenehm kühl. Bei hellem Wetter kann man von der untersten Stelle der geneigten Ebene, also auf mehr, als 1 Englische Meile Entfernung, das Tageslicht am obern Ende des Tunnels bei Edge-Hill (siehe Fig. 1. Taf. 28) sehen. Des Nachts wird der Tunnel durch Gasflammen beleuchtet. Von der Arbeit, welche dieser Tunnel gekostet hat, kann man sich kaum einen Begriff machen.
Auf dem grossen Plateau bei Edge-Hill befinden sich unbewegliche Dampfmaschinen in Gebäuden, um die Wagen mit Hülfe von Tauen, welche nach der ganzen Länge des Stollens über eine doppelte Reihe von Rollen laufen, bis auf diese Höhe der geneigten Ebene zu ziehen. Diese Gebäude nehmen sich wie zwei Thürme aus, und zwischen ihnen ist eine grandiose Brücke aufgeführt worden, so dass das Ganze das Eingangsthor zur Station von Liverpool bildet. (Siehe Fig. 2. Taf. 28). Auf beiden Seiten des Haupttunnels erblickt man kleine Nebenstollen, die jedoch nicht tief in den Berg hineinführen, und in welchen sich allerlei Werkstätten befinden.
Wenn man von dem Plateau gegen Westen sieht, so bemerkt man an den beiden Winkeln der Mauern zwei 100 Fuss hohe Säulen, welche den Anfang des offenen Theiles der Eisenbahn bezeichnen und zugleich die Schlöte der beiden feststehenden Dampfmaschinen bilden.
Ein kleiner Tunnel ist zum Herbeischaffen der Waaren und Reisenden aus dem oberen Theile Liverpool's bestimmt, welcher vom Eingange des grossen Tunnels zu weit entfernt ist. Er hat eine einfache Eisenbahn und führt in die geräumigen Packhöfe der Gesellschaft in Grown-Street. Er hat 291 Fuss Länge, 15 Fuss Breite und 12 Fuss Höhe.
Die Wagen (auf Tafel 29 sind unter Fig. 7 abgebildet und bezeichnet mit 1 Dampf- und Kohlenwagen mit 2, 3, 5 Passagierwagen, mit 6 Reisewagen für abgeschlossene Gesellschaft, mit und 7 Wagen zum Viehtransport), in denen die Passagiere fahren, zerfallen in zwei Classen und gehen zu verschiedenen Stunden ab. Die der ersten Classe halten nur einmal zu Newton an, um zu schmieren und die Maschine zu untersuchen; und es ist also auch nur hier, dass Passagiere aus- und einsteigen können. Die Wagen der zweiten Classe beobachten 12 Stationen, wo Passagiere ein- und abtreten können. An der ganzen Länge der Eisenbahn ziehen sich zu beiden Seiten Hecken hin, um Thiere abzuhalten. Endlich senkt sich die Bahn auf 5 Englische Meilen etwas (4 Fuss auf die Meile) und bald gelangt man in einen tiefen Hohlweg (Fig. 3. Taf. 28.) im Mount-Olive, welcher tief in Mergel ausgegraben ist. Erst passirt man unter 5 schönen Brücken von einem Bogen durch, über welche die von der Eisenbahn durchkreuzten Vicinalwege sich fortsetzen, und auf der ganzen Länge der Eisenbahn sind 60 solcher Brücken vorhanden. Aus dem Hohlwege kommt man auf einen 40 bis 50 Fuss hohen Chausseedamm, welcher an mehrern Stellen über die in seiner Tiefe laufenden Kreuzwege mit Brücken versehen ist. Dann gelangt man nach dem Dorfe Wiston und von hier aus auf die 82 Fuss höher gelegene Hochebene von Rain-Hill, von hier auf der geneigten Ebene von Sutton wieder abwärts in den Morast von Parr, durch welchen hindurch die aufgeschüttete Eisenbahn wie auf etwas Elastischem ruht, was sich durch das Gefühl bei'm Fahren wahrnehmen lässt. Vierzehn und eine halbe Englische Meile von Liverpool gelangt man auf den Damm und die Brücke oder den Viaduct von Sankey (s. Fig. 4. Taf. 28). Die Brücke hat 9 Bogen, deren jeder 50 Fuss weit ist. Ihre Höhe beträgt vom Geländer an gerechnet 60-70 Fuss, und der Weg auf der Brücke ist 25 Fuss breit. Durch einen der Bogen läuft der schiffbare St. Helena-Canal, und durch einen andern Bogen der Fluss Sankey. Weiter vorwärts geht der Weg noch durch den Durchstich von Kenyon. Auch über diesen Hohlweg sind mehrere Brücken geschlagen. Endlich kommt man an das grosse Torfmoor Chat Moss, welches die Eisenbahn seiner ganzen Länge nach, d.h. 4 3/4 Englische Meilen weit, durchschneidet. An das Legen eines Rostes von Pfählen, war bei der Tiefe von 24 bis 30 Fuss des Morastes, und bei einer so bedeutenden Oberfläche nicht zu denken. Man suchte ihn so gut wie möglich trocken zu legen und schüttete auf Faschinenwerk eine Kiesschicht auf, in welche endlich die Lagerpfosten der Eisenbahn eingerammt wurden. Gegenwärtig steht dieser Theil der Strasse keinem andern nach (siehe Fig. 6. Taf. 29.)
Jenseits dieses Torfmoores erhebt sich die Bahn allmälig wieder, gelangt dann über eine erhöhte Stelle, wo man Manchester erblicken kann, setzt sich über den Irwell fort, und bringt den Reisenden an die Station der Gesellschaft, einer langen Reihe von Magazinen gegenüber. Hier ist die Bahn beträchtlich höher, als das Flussufer, sie erweitert sich, bekommt doppelt so viele Gleise, als früher, und läuft eine lange Strecke weit jenseits der Magazine parallel mit der gewöhnlichen Strasse von Liverpool über 22 steinerne Bogen, und eine über Water-Street (Fig. 5 Taf. 29) gebaute Brücke hin, und endigt in einer grossen Steinniederlage, welche links daran stösst.
Auf der andern Seite der Magazine und Eisenbahn befindet sich ein geräumiges Gebäude mit Griechischen Frontispizen, welches an der Poststrasse nach Liverpol liegt, und wo die Reisenden theils abtreten, theils sich zur Abfahrt sammeln.
Die ganzen Kosten der Unternehmung betragen zusammen 820,000 Pfd. Sterl. Jetzt sind 16 Dampfwagen auf der Eisenbahn, und ihre Zahl wird immer noch vermehrt. Man befördert die Waaren in dem Zeitraum von anderthalb Stunden von der Meeresküste bis Manchester.


Metadaten

Abbildungstitel: Die über Water-Street gebaute Brücke
Tafeltitel: Die Eisenbahn zwischen Manchester und Liverpool
Abbildung gehoertzu Tafel: Ad99998 12 031a
Bildinschrift: Fig. 5.
Band: 12
Heft: 226
Bildeigenschaften: Kupferstich, schwarze Druckfarbe, koloriert
http://www.bbf.dipf.de/cgi-opac/bil.pl?t direct=x&f IDN=b0055500berl
Schlagwörter: Brücke, Stadt, Transport, Mensch, Eisenbahn, Eisenbahnzug, Eisenbahnbrücke
geographische Verortung: Liverpool, Manchester
BBF ID: b0055500berl