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 Das neue und das alte Delhi

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Beschreibungstext

Tafelüberschrift: Verm. Gegenstände. CCCXLIV. Melanges. CCCXLIV.


Delhi liegt auf dem linken Ufer des Flusses Jumna, etwa 980 Engl. Meilen Weges in nord westl. Richtung von Calcutta. Die Umgegend ist unfruchtbar, und der Fluss zwar breit, aber zur trocknen Jahreszeit nicht mit schwer beladenen Booten zu befahren. Die neue Stadt liegt am Ufer des Jumna, der ausgedehnten Masse von Ruinen gerade gegenüber, welche den Standort der alten Mahomedanischen Stadt bezeichnen. Sie hat etwa 7 Engl. Meil. Im Umgang und ist mit einer starken Mauer und einem breiten Graben umgeben. Die Stadt hat 7 Thore, welche sämmtlich aus Quadersteinen aufgeführt sind.
Die Kaiserburg von Delhi ist vom Schah Jehan erbaut, und von einer an manchen Stellen 60 Fuss hohen mit Schiessscharten versehenen Mauer umgeben, die fast eine Englische Meile Umfang hat und zwei prächtige Thorwege besitzt, von denen jeder durch eine nicht ganz so hohe Schanze vertheidigt wird. Die Mauern bestehen durchgängig aus rothem Granit und sind mit einem breiten Graben umgeben. Das Schloss ist übrigens nicht sehr fest und gewährt bloss gegen Pfeile und Musketenfeuer Schutz. Das Innere ist eine sonderbare Mischung von Lehmhütten und Marmorpalästen, von vernachlässigten Gärten und hübschen Höfen, von schmutzigen Viehhöfen und Pavillons von weissem Marmor.
In diesem Palaste residirt der jetzige Kaiser, Schah Acbar, Sohn des unglücklichen Schah Aulum, und ist eigentlich nur ein Engl. Pensionär. Die Engländer haben ihm aber, aus Gründen der Politik, die leeren Insignien seiner Würde mehrenteils gelassen.
Der prahlerische Prunk, welcher gegenwärtig am Hofe zu Delhi herrscht, ist ein eitler Ueberrest des unermesslichen Reichthums und der gewaltigen Macht des Kaiser Timur.
Die Hauptstrassen von Delhi sind sehr breit und, für eine Asiatische Stadt ungewöhnlich reinlich. Die Läden auf den Bazars haben ein sehr vorteilhaftes Ansehn. Durch die grösste Strasse, welche Chandnee Chokee (Strasse der Silberschmiede) heisst, läuft ein Arm der Wasserleitung, welche das Wasser aus einer Entfernung von 120 Engl. Meilen herbeiführt, indem der Jumna bei Delhi ein ungeniessbares brackisches Wasser enthält.
Die Stadt besitzt eine Shawlmanufactur, wo Weber aus Cashmir Himalayawolle verarbeiten. Der offene Raum, welcher im Vordergrund der obern Abbildung unserer Taf. sichtbar ist, stellt einen Theil der Umgebung des kaiserl. Palastes und der breitesten Strasse Delhi's, der Silberschmiedestrasse, dar.
Die Ruinen des alten Delhi.
Die untere Hälfte unserer Tafel giebt eine allgemeine Ansicht der Ruinen des alten Delhi, die eine so vollkommene Scene der Verwüstung darbieten, dass man sich eher auf einen in Verfall gerathenen prachtvollen Kirchhof, als an den Standort einer ehemals stolzen und volkreichen Hauptstadt versetzt glaubt.
Die Stadt wurde von der Dynastie der Afghanen oder Patan's ziemlich auf dieselbe Stelle gebaut, wo die alte Hindostanische Hauptstadt Indraput oder Indrapastha stand, über welche man nur sehr wenig Nachrichten hat.
Im Jahr 1193 eroberte Cuttub-du-Deen, der Sclave Mahomed Gauri's, Delhi, und mit ihm nimmt die Reihe von Afghanischen Herrschern ihren Anfang, welche bis zum Einfalle Baber's, Timur's Urenkel, im Besitze des Landes blieben. Im Jahr 1398 ging Timur über den Indus, eroberte und plünderte Delhi und bahne seiner Dynastie den Weg durch dieselben Mittel, durch welche die Patans in den Besitz der Herrschaft gelangt waren. Im Jahr 1525 lieferte Baber dem Patan'schen Fürsten Ibrahim Codi die grosse Schlacht von Paniput, tödtete denselben und gründete das Reich des Grossmoguls. Baber stammte, wie sein Ahn Timur, aus Turkistan. Auf ihn folgte eine lange Reihe von Königen, bis zu Schah Aulum, dem unglücklichen Vater des jetzigen Beherrschers von Delhi, herab, welchen die Mahatten nachdem sie ihm die Augen ausgestochen hatten, in's Gefängniss warfen, wo er von Sindia wieder befreit wurde. Später wurde er, nämlich im Jahr 1803, von Lord Lake in die Art von vollständiger Abhängigkeit versetzt, in welcher sich sein seit 1806 regierender Sohn jetzt befindet.
Die Ruinen von Alt Delhi bilden eine gräuliche Scene der Verwüstung. Trümmer, Grabmäler, Backsteine, Feldsteine, Granit und Marmor bedecken den von Natur felsigen und dürren und bis auf wenige Stellen vollkommen baumlosen Boden. Als die, allerdings vortheilhafter gelegene, jetzige Stadt vom Schah Jehan angelegt war, zwang er viele Einw. des alten Delhi, in die neue Stadt zu ziehen. Die meisten übrigen folgten, um der Hofhaltung und den Hauptmärkten näher zu seyn; und da man während der Herrschaft der Mahratten nur innerhalb einer Stadtmauer sein Haupt ruhig niederlegen konnte, so ward Alt Delhi bald ganz verödet.


Metadaten

ID Tafel: b0050306berl
Tafelüberschrift: Verm. Gegenstände. CCCXLIV. Melanges. CCCXLIV.
Sprache: ger, fre
Heft: 226
http://www.bbf.dipf.de/cgi-opac/bil.pl?t direct=x&f IDN=b0050306berl
TafelgehörtzuExemplar: Bertuch-Bilderbuch für Kinder enthaltend eine angenehme Sammlung von Thieren, Pflanzen, Blumen, Früchten, Mineralien, Trachten 1830 12/583342450
Klassifikation von Bertuch: Verm. Gegenstände. CCCXLIV.
Abmessung: koloriert