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Beschreibungstext


Alle die wunderbaren Thiere, die unsere neue Naturgeschichte nicht kennt, und die man in den Werken der Dichter und Geschichtschreiber der Alten, so wie in den Arabischen Mährchen, alten Ritter-Romanen und Volkssagen findet, sind blosse Wesen der Phantasie, und fabelhafte Thiere, die niemals existirten. Gegenwärtige Tafel liefert 6 dergleichen fabelhafte Thiere aus der Mythologie der Egyptier, Griechen und Römer, und zeigt, wie sie sich diese Wesen der Einbildungskraft dachten, und auf ihren Kunstwerken bildeten.
No. 1. Der Centaur.
Die Centauren waren, nach der Fabel, halb Mensch, halb Pferd und hatten lange Ziegen-Ohren. Man findet sie abgebildet mit einer Löwenhaut auf dem linken Arme, und einem Wurfknüppel zur Jagd in der rechten Hand. Wahrscheinlich haben die ersten Reiter, die auch zugleich Jäger waren, Anlass zu dieser Dichtung gegeben.
No. 2. Die Chimära.
Soll ein Ungeheuer gewesen seyn, das die Form und den Kopf eines ungeheuren Löwen, anstatt des Schwanzes eine giftige Schlange, und auf dem Rücken noch einen Ziegenkopf hatte; zuweilen aus seinen Rachen Feuer spie, und das Königreich Lycien verwüstete; aber vom Prinzen Bellerophon, der sich auf das Flügel-Pferd Pegasus setzte, aus der Luft herab erlegt wurde. Der Sinn dieser wahrscheinlich allegorischen Fabel ist dunkel und uns unbekannt.
No. 3. Die griechische Sphynx.
No. 4. Die ägyptische Sphynx.
Die Sphynx war ein fabelhaftes Thier in der Mythologie der Egyptier und Griechen, wodurch sie, wie man glaubt, ein Symbol der bey ihnen geheimen Wissenschaften aufstellen wollten. Sie hatte bey beyden Völkern den Kopf und die Brust eines Weibes und den Leib eines Löwen, bey den Griechen blosses Haar und Adlers Flügel; bey den Egyptiern keine Flügel, und einen Egyptischen Kopfputz. Ihr berühmtes Räthsel, das sie in Theben jedermann, der sich ihr nahete, vorlegte, und dabey Alle, die es nicht erriethen, zerriss, welches aber Oedipus allein auflöste, ist bekannt, und beynahe zum Sprüchworte worden.
No. 5. Der Gryllus
war bey den Alten ein aus Gliedern und Theilen mehrerer Thiere und Masken grotesk zusammengesetztes Thier; z. E. ein Adler mit einem Löwenkopf an der Brust und zwey Widderköpfen an Statt der Flügel; oder ein Hahn mit Pferde-Füssen und dergleichen. Alle diese sonderbaren unnatürlichen lächerlichen Compositionen und Spiele der Imagination des Künstlers, nannten die Alten Gryllus. Man findet viele dergleichen auf antiken Siegeln. Wahrscheinlich kommt das teutsche Sprüchwort, besondere oder närrische Grillen haben, davon her.
No. 6. Die Sirenen.
Die Alten bildeten die Sirenen als Jungfrauen von oben herab bis auf die Hüften, die unten aber Adlerklauen, einen Vogelschwanz, und auf dem Rücken Flügel hatten. Sie dichteten ferner von ihnen, daß sie sich auf einer Insel bey Sicilien aufhielten, und durch ihren Zaubergesang und süsse Musik, welche sie auf elfenbeinernen Pfeifen machten, alle Reisende, die an der Insel vorbey schifften, unwiderstehlich an sich lockten, und dann zerrissen und frässen. Von ihnen ist das Sirenen-Lied zum Sprüchworte worden. Falsch ist also, wenn man die Sirenen mit einem Fisch-Schwanze im Meere schwimmend abbildet.


Metadaten

Abbildungstitel: Die Sirenen
Tafeltitel: Fabelhafte Thiere
Abbildung gehoertzu Tafel: Ad99999 01 059a
Bildinschrift: 6.
Band: 1
Heft: 12
Bildeigenschaften: Kupferstich, schwarze Druckfarbe, koloriert
http://www.bbf.dipf.de/cgi-opac/bil.pl?t direct=x&f IDN=b0051864berl
Schlagwörter: Mythologie, Mischwesen, Fabeltiere, Tiermensch, Pfeife, Sirene (Mythologie)
Stecher/in: Waitz, Johann Christian Wilhelm
Signatur Illustrator/in: W. Waitz. sc:
BBF ID: b0051864berl
weitere Abbildungsversionen: Ad00341 01 059g, Ad99998 01 059g