Ad99999 10 032c
Beschreibungstext
Dieses Labyrinth, wovon die Sagen des Alterthums so viel erzählen, ist in neueren Zeiten von dem reisenden Engländer Cockerell besucht worden, und ihm haben wir auch diese Nachrichten zu danken. Den Eingang desselben, der durch kein merkwürdiges Aeussere sich auszeichnet, fand er an der Seite eines Gebirges, welches zu dem Berge Ida gehört, und in einer Entfernung von ungefähr drei Englischen Meilen von Agio-Deka.
Die Oeffnung, welche niedrig ist, und worin Erde und herabgefallene Bruchstücke aufgehäuft sind, führt auf einem abschüssigen Wege in ein doppeltes Vestibül, (A) welches ungefähr 25 Fuss breit, und 45 Fuss lang ist; von dort aus gelangte man durch vier Thore in das Innere der Höhle, von welchen jedoch bloss das zur rechten Hand gangbar ist. Der Hauptweg, welcher in's Innere führt, ist meistentheils ungefähr 8 Fuss weit, und eben so hoch. Die zu beiden Seiten hie und da angebrachten Kammern und Gemächer, liegen etwas höher, als der Gang selbst, und sind durchgehends trocken, O O sind geräumige Kammern.
Cockerell nimmt an, dass die ganze Länge und die Windungen der Gänge beinahe 3/4 Englische Meilen betragen. Er hatte, als er sich mit seiner Begleitung durch das eine, noch offene Hauplthor des Vestibüls in's Innere der Höhle begab, die Vorsicht gehabt, da eine sichere Wache mit dem Ende eines Bindfadenknäuels aufzustellen, und war nach vierstündigem Durchsuchen und Herumirren in der Höhle sehr überrascht, an der Stelle, die auf der Tafel mit C bezeichnet ist, den Faden wieder zu entdecken.
Für die Vermuthung, dass das Labyrinth eine ähnliche Bestimmung, wie die Aegyptischen Pyramiden, oder die langen Gänge in den Gräbern der Könige von Theben gehabt habe, zum Begräbnissplatze zu dienen, ist auch nicht ein bestätigender Umstand ausgefunden worden; keine Spur von Sarkophagen oder von Nischen zur Aufnahme der Särge; mit einem Wort, nicht die geringsten Reste dieser Art.
Der Zweck dieser Aushöhlung, ist also immer noch unentschieden, aber die Beschaffenheit des Steines, welcher ein leicht zu brechender Sandstein ist, und zu gewöhnlichen Bauten besonders geeignet, macht, bei der Nachbarschaft von Gortyne, es wahrscheinlich, dass sie zur Zeit der Gründung dieser Stadt, als Steinbruch gedient habe, und dass die langen Gänge und Gewirre derselben, nur ein secundärer Zweck gewesen, zur Verbergung von Eigenthum, oder zur Verwahrung von Gefangenen. Beispiele der Vereinigung beider Zwecke, kommen in alten und neuen Zeiten vor.
Metadaten
Abbildungstitel: | |
Abbildung gehoertzu Tafel: | Ad99999 10 032a |
Band: | 10 |
Heft: | 186 |
Bildeigenschaften: | Kupferstich, schwarze Druckfarbe, koloriert |
Link PPO: | http://www.bbf.dipf.de/cgi-opac/bil.pl?t direct=x&f IDN=b0056005berl |
Schlagwörter: | Landschaft, Mann, Pferd, Völkerkunde, Berg, Gebirge, Altertümer, Geographie, Kultur, Labyrinth |
geographische Verortung: | Griechenland, Ida (Kreta, Gebirge), Kreta |
BBF ID: | b0056005berl |
weitere Abbildungsversionen: | Ad00341 08 032c, Ad99998 10 032c |