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 Naturgeschichte der Wolken

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Beschreibungstext

Tafelüberschrift: Ver. Gegenstaende. CCLXVIII. Mélanges. CCLXVIII.


Man hat in neuern Zeiten dem Studium der Wolken besondere Ausmerksamkeit gewidmet, und aus der Form derselben auf die Beschaffenheit derselben und der Atmosphäre und die wahrscheinlich bevorstehende Veränderung derselben zu schliessen gelernt. Es giebt drei einfache und bestimmte Modificationen der Wolken, welche folgendermaassen benannt und definirt werden:
a) Cirrhus oder Federwolke; eine Wolke, die einer Haarlocke oder Feder gleicht. Parallel sich schlängelnde oder divergirende Fasern, die auf einem dichten Theile der Wolke entspringen, breiten sich nach allen Richtungen hin aus. Sie zeigt sich am deutlichsten und häufigsten vor Stürmen, und wenn sie dem Winde gegenübersteht, oder sich eine Gruppe von Federwolken am Horizonte zeigt, so setzt sich der Wind oft nach der Seite um, wohin die Endpunkte zeigen. Anzeigen eines nahen Regens, sind ihre horizontalen Schichten, besonders die mit aufwärtsgehenden Streifen; schönes Wetter aber deuten die franzenähnlich herabhängenden an.
b) Cumulus oder Haufenwolke; eine Wolke, welche sich von oben in dichten, convexen oder kegelförmigen Massen anhäuft. Ihre grösste Höhe erreicht die Haufenwolke meist Nachmittags mit der grössten Wärme. Sie behält ihren Charakter bis gegen Sonnenuntergang, wo sie mehr oder minder schnell abnimmt und verdünstet, so dass der Himmel dann wieder klar wird, wie am frühen Morgen. In den letzten Stunden ihrer Dauer durchläuft sie oft die aumuthigste Stufenfolge aller Farben.
c) Stratus oder Schichtwolke; eine ausgebreitete, fortlaufende, horizontale Nebelschichte, die von unten anwächst. Wenig Tage im ganzen Jahre sind stiller und heiterer als die, wo der Morgen durch die Schichtwolke hervorbricht. Sie sind die lieblichsten Tage unseres Herbstes, eine Zwischenzeit der Ruhe zwischen den Aequinoctialwinden und den Winterstürmen.
Es giebt noch zwei Modifikationen, welche Uebergänge zu bilden scheinen; diese sind:
d) Cirrho-Cumulus oder fedrige Haufenwolke; ein vereintes System kleiner, runder, in Reihen geordneter Wolken. Diese Uebergangswolke macht einen sehr schönen Himmel. Deutliche Schichten schweben zuweilen in verschiedener Höhe, scheinen auf kleinem und immer kleinem Wolken zu bestehen, so weit das Auge sie in der blauen Fläche erkennt. Im Sommer ist diess am häufigsten der Fall, und sie sind dann die natürlichen Vorboten einer grössern Wärme.
e) Cirrho-Stratus oder fedrige Schichtwolke; eine horizontale oder leichtgesenkte Schicht, die in der Mitte dichter ist, nach unten zu concav oder wellenförmig; Gruppen sowohl, als einzelne Wolken, haben diesen Charakter. Sie ist eine natürliche Anzeige von Abnahme der Wärme und von Wind und Regen. Bei diesen Zustande des Himmels bilden sich auch die Ringe um Sonne und Mond, so wie durch die zufälligen Durchschnitte Nebensonnen und Nebenmonde. Es ist fast immer schlechtes Wetter, was diese Erscheinung, so wie auch die eines Hofs um Sonne oder Mond, anzeigt.
Endlich giebt es noch zwei Modifikationen von zusammengesetzter Art, nämlich:
f) Cumulo-Stratus oder geschichtete Haufenwolke, gethürmte Haufenwolke; eine Wolke, in der die Bildung des Cumulus mit der des Cirrho-Stratus oder Cirrho-Cumulus vereint ist. Der Cumulus ist oben platt, und hängt über den untern Theil herab. Die gethürmte Haufenwolke herrscht gewöhnlich bei einem ganz umzogenen Himmel. An diesem bietet sie Erscheinungen dar, welche nicht leicht zu beschreiben sind. Sie giebt im Allgemeinen ein zweifelhaftes Prognostikon; doch wird nach ihrer Bildung am Morgen der Tag oft schön, wenn auch umwölkt, und wo die fedrige Schichtwolke zu ihrer Bildung beigetragen hat, folgen meist am zweiten oder dritten Tage starke Regenschauer.
g) Nimbus oder RegenwoIke; eine dichte Wolke, die sich an ihrer obern Seite in eine Federwolke ausbreitet, und unten in Regen ausgeht. Der Ausdruck, Begenwolke, Nimbus, deutet eigentlich nichts Anderes an, als eben diesen umgekehrten Wolkenkegel, aus dem man einen plötzlichen örtlichen Schauer, es mag nun Regen, Schnee oder Hagel seyn (denn der Unterschied ist nicht wesentlich) herabfallen sieht. Da sie sich zu einer grossen Höhe in der Atmosphäre erhebt, so kann man sie auf einer Entfernung von vielen Stunden sehen, und ihr Prognostikon ist sehr zuverlässig.
Auf Tafel CCLXVIII. zeigt das obere Bild uns 1. die Federwolke (cirrho) in verschiedenen Formen; 2. die fedrige Schichtwolke (cirrho-stratus) auf der Haufenwolke (cumulus) ruhend.
Das untere Bild zeigt 3. die Federwolke (cirrhus) vor einem Gewitter; 4. die fedrige Haufenwolke (cirrho-cumulus vor einem Gewitter; 5. die Regenwolke (nimbus) von fedrigen Schichtwolken umgeben und Blitze von sich gebend, wodurch sie sich ihrer Elektricität entladet; 6. eine Reihe von Haufenwolken (cumulus, welche in geschichtete Haufenwolken übergeben, vor dem Gewitter.
Verm. Gegenst. CCLXIX. Bd. X. No. 44 u. 45.
NATURGESCHICHTE DER WOLKEN. (Fortsetzung von No. CCLXVIII.)
Auf Tafel CCLXIX. sehen wir auf dem oberem Bilde: 1. u. 2. fedrige Schichtwolken (cirrho-stratus); 3. Federwolken (cirrhus), welche sich zusammenziehen;
auf dem unteren Bilde: 4. Federwolken (cirrhus), in fedrige Schichtwolken übergehend; 5. Fedrige Schichtwolken (cirrho-stratus), Haufenwolken (cumulus) und geschichtete Haufenwolken (cumulo-stratus).
Die beiden Tafeln CCLXVIII. u. CCLXIX. gewähren, sammt den dazu gehörigen Erläuterungen, einen recht lehrreichen Ueberblick der Hauptformen, unter welchen die Wolken am Himmel erscheinen, und der Bedeutung, welche sie den bisherigen Beobachtungen zufolge haben.


Metadaten

ID Tafel: b0056154berl
Tafelüberschrift: Ver. Gegenstaende. CCLXVIII. Mélanges. CCLXVIII.
Sprache: ger, fre
Heft: 189
http://www.bbf.dipf.de/cgi-opac/bil.pl?t direct=x&f IDN=b0056154berl
TafelgehörtzuExemplar: Bertuch-Bilderbuch für Kinder enthaltend eine angenehme Sammlung von Thieren, Pflanzen, Blumen, Früchten, Mineralien, Trachten 1821 10/q0000350berl
Klassifikation von Bertuch: Verm. Gegenst. CCLXIX.
Abmessung: koloriert
weitere Abbildungsversionen: Ad00341 08 046a, Ad99998 10 046a