Zeitzeugen

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Reise durch Thüringen, den Ober- und niederrheinischen Kreis nebst Anmerkungen über Staatsverfassungen, öffentliche Anstalten, Gewerbe Cultur und Sitten, 3. Band, 1796

"Wölfing, ihr Autor, nennt Bertuch in einem Atemzug mit dem Herzog, mit Goethe, mit Herder, mit Wieland und würde schwerlich Schiller übergangen haben, wenn dieser nicht erst 1799 nach Weimar umgezogen wäre. (...) Und noch in anderem Zusammenhang stellt er Bertuch heraus: "das Einzige, was hier von Industrie existiert", sei "das Industrie-Comtoir (!) des Herrn Bertuch"; dieser erst habe den Namen Industrie seit einiger Zeit zu Weimar in Gang gebracht." [1]


Briefe eines ehrlichen Mannes bey einem wiederholten Aufenthalt in Weimar

"Bertuch ist ein äusserst thätiger Mann, und seinen spekulativen rastlosen Geist bewundere ich. An ihm kann man sehen, was Thätigkeit im menschlichen Leben vermag. Ich muß gestehen, daß er mir äusserst gefallen hat, durch sein gesundes Urteil, seine Offenheit und Unbefangenheit. Den Menschen im tätigen Leben wird doch die Galle nicht so oft und scharf erregt, als den Gelehrten, besonders den Philologen. Er hat sich mehr und weniger vom Hofe entfernt, und lebt ganz seinen Geschäften, die ihm bey seinen litterarischen Kenntnissen um so angenehmer werden müssen. Sein Industriecomtoir ist merkwürdig zu sehen, und verdient alle Aufmerksamkeit. Es enthält Bücher, Landkarten, Kupferstiche, Gemälde und überhaupt die neuesten Sachen der Mode und des Geschmacks. Bertuchs Verdienste um die Spanische Literatur in Deutschland sind bekannt. Er ist von mittlerer Statur, hat kein sehr auffallendes Gesicht, aber Munterkeit und Lebhaftigkeit in Gesellschaft. Er ist von Geburt ein Weimaraner, war Kandidat der Theologie, Hofmeister bey Wielands Kindern, Sekretair und Chatullier beim Herzog und Legationsrath." [2]


Friedrich Schiller

- Schiller (SNA, Bd, 24, S. 136)


Wanderungen und Lebensansichten des Buchbinder-Meisters Adam Henß

"Bertuch sei, schreibt er dankbar-respektvoll, "gleichsam ein Patriarch unter den Arbeitern" seines Unternehmens gewesen: "er kannte die persönlichen Verhältnisse eines Jeden, er half, riet und ermahnte, ohne wehe zu Thun, wo er Eins oder das Andere für angewendet hielt; er hat e dabei eine Kenntnis der geringsten und wichtigsten Dinge, die oft bis in das reinste Detail ging. Auch ich war an Arbeit gewöhnt in Dingen, wozu ich die Fähigkeit hatte, aber eben darum konnte ich oft kaum begreifen, wo er die Zeit hernahm zu den mannigfachen durch ihn besorgten Geschäften." [3]


Hufeland

Bertuch "meinte es redlich und gut mit mir und wirkte durch seine mannigfaltigen Kenntnisse, ausgebreiteten Bekanntschaften, Mitteilung literarischer Erfahrungen und Neuigkeiten und umermüdete Regsamkeit und literarisch-technische Tätigkeit auch aufregend auf mich, und Aufregung von außen und nach außen bedurfte mein Geist." [4]


Obscuranten-Almanach

"Es ist dem Hn. Bertuch nie um die bloße Gunst des Publikums zu Thun gewesen, sondern nur um dessen - Geld. Um die Literatur hat er die Verdienste eines Kaufmanns, ein wie die Weltkultur nur gelegentlich durch die Kommercianten befördert wird und ward; der Kaufmann, wenn er gerecht ist, wird sich keinen andern Nutzen zuschreiben, kein andres Verdienst dabei anmaßen. Hrn. Bertuchs practia est multiplex; die Wege galten ihm gleich, wenn sie nur zum Gewinnst führten; bey allen Spekulationen sehr er immer nur auf sich selbst, und wie man ihn nun an der Spitze verschiedner solcher Unternehmungen fand, so geriet er unter die Gelehrten, denn man konnte nicht glauben, daß ein andrer denn ein solcher, Herausgeber und Besorger von dergleichen Varietés (!) sein könne." [5]


Goethe

"Der größte Virtuos im Aneignen fremder Federn war Bertuch, der sogar den armen Batsch, als dieser ein neues System der Naturgeschichte schrieb, zwang, sich gefallen zu lassen, daß Bertuch ankündigte, da er selbst nicht die Zeit habe, werde Batsch, seine, Bertuchs, Ideen dem Publikum vorlegen, während doch Bertuch nie eine Idee gehabt." [6]


- Karl August Böttiger: Literarische Zustände und Zeitgenossen. Begegnungen und Gespräche im klassischen Weimar. Hg. von Klaus Gerlach und René Sternke. Berlin 1998, S. 284-302. - Heinrich Heine - Annette zu Droste Hülshoff - Walter Benjamin

  1. Gerhard R. Kaiser: Friedrich Justin Bertuch - Versuch eines Porträts. In: Kaiser / Seifert (Hr.): Friedrich Justin Bertuch (1747-1822), S. 15-16.
  2. Unveränderte Neuausgage nach dem Erstdruck von 1800, hg. von Winfried Arenhövel, Weimar o.J. (1975), S. 96. ZITIERT nach: Gerhard R. Kaiser: Friedrich Justin Bertuch - Versuch eines Porträts. In: Kaiser / Seifert (Hr.): Friedrich Justin Bertuch (1747-1822), S. 16.
  3. Wanderungen und Lebensansichten des Buchbinder-Meisters Adam Henß, Stadtältesten und Landtags-Abgeordneten der Stadt Weimar, Jena 1845, S. 260. ZITIERT nach: Gerhard R. Kaiser: Friedrich Justin Bertuch - Versuch eines Porträts. In: Kaiser / Seifert (Hr.): Friedrich Justin Bertuch (1747-1822), S. 16-17.
  4. Hufeland. Leibarzt und Volkserzieher. Selbstbiographie von Christoph Wilhelm Hufeland. Neu herausgegeben und eingeleitet von Walter von Bruno. Stuttgart 1937. ZITIERT nach: Gerhard R. Kaiser: Friedrich Justin Bertuch - Versuch eines Porträts. In: Kaiser / Seifert (Hr.): Friedrich Justin Bertuch (1747-1822), S. 17.
  5. Obsucranten-Almanach auf das Jahr 1801, Paris bei Gerard Fuchs Nationalbuchhändler (fingiert, tatsächlich erschienen in der Verlagsgesellschaft von Gottfried Dietrich Leberecht Voller in Altona, Mainz), S. 155f. ZITIERT nach: Gerhard R. Kaiser: Friedrich Justin Bertuch - Versuch eines Porträts. In: Kaiser / Seifert (Hr.): Friedrich Justin Bertuch (1747-1822), S. 17.
  6. Kanzler von Müller: Unterhaltungen mit Goethe. Kleine Ausgabe hg. von Ernst Grumbach mit Anmerkungen von Renate Fischer-Lambert, Weimar 1959. 18. Mai 1821, S. 44. ZITIERT nach: Gerhard R. Kaiser: Friedrich Justin Bertuch - Versuch eines Porträts. In: Kaiser / Seifert (Hr.): Friedrich Justin Bertuch (1747-1822), S. 25.